Vegane Ernährung für Kinder?: Das ist Charlotte Weises Strategie
Influencerin Charlotte Weise und ihre Familie leben seit Jahren größtenteils vegan. Wie lässt sich das mit einem kleinen Kind vereinbaren?
Influencerin Charlotte Weise und ihre Familie leben seit Jahren größtenteils vegan. Wie lässt sich das mit einem kleinen Kind vereinbaren?
Immer mehr Menschen entscheiden sich aus ethischen, gesundheitlichen oder ökologischen Gründen für eine vegane Ernährung. Aber was, wenn Kinder ins Spiel kommen? Bei dem Thema scheiden sich die Geister - und auch die Meinungen in der Wissenschaft. Influencerin Charlotte Weise ernährt sich seit vielen Jahren selbst pflanzlich. Auf ihrem Instagram-Account teilt die Mutter eines dreijährigen Sohnes regelmäßig ihren Alltag mit Kind. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht sie über die Herausforderungen, die sie als vegane Familie mit jungem Kind erlebt haben, erklärt, wie sie mit Kritik umgeht und, wie sie flexibler geworden ist, um ihrem Sohn eine ausgewogene Ernährung zu ermöglichen.
Sie ernähren sich bereits seit vielen Jahren vegan. Hat sich Ihr Ansatz seit der Geburt Ihres Sohnes verändert?
Charlotte Weise: Wir haben uns schon immer zu etwa 98 Prozent vegan ernährt, machen inzwischen aber ein paar Ausnahmen. Zum Beispiel kaufen wir gelegentlich Bio-Eier von einer Farm, die wir wöchentlich besuchen. Auch Bio-Käse nutzen wir hin und wieder zum Überbacken, da ich veganen Käse leider nicht vertrage. Seit der Geburt unseres Sohnes sind wir etwas flexibler, da er einen starken Eisenmangel hat. Weil Eisentropfen nicht ausreichen, geben wir ihm gelegentlich eisenreiche tierische Lebensmittel wie Muscheln oder Rindfleisch - etwa ein- bis zweimal im Monat und immer mit Bedacht und aus vertrauenswürdigen Quellen. Grundsätzlich darf er alles probieren, sei es bei Freunden oder in der Familie. Spannenderweise entscheidet er sich meist von selbst für eine überwiegend pflanzliche Ernährung. Für uns ist es wichtig, dass er eine gesunde und ausgewogene Ernährung bekommt, ohne dabei zu strenge Regeln aufzustellen.
War für Sie von Anfang an klar, dass Sie Ihr Kind pflanzlich ernähren werden? Gab es Herausforderungen?
Weise: Ja, grundsätzlich hatten wir uns vorgenommen, unser Kind von Anfang an vegan zu ernähren. Allerdings hat sich das in der Praxis etwas anders entwickelt. Unser Sohn hat erst mit etwa 22 Monaten angefangen zu essen. Während dieser Zeit hat er eher gesnackt und probiert, aber die Muttermilch war ihm immer lieber. Das Thema Essen war dadurch oft herausfordernd für uns, und wir waren froh, wenn er überhaupt etwas zu sich genommen hat. Mit der Zeit sind wir deshalb flexibler geworden.
Eine der größten Herausforderungen war, dass nicht immer alles so planbar ist, wie wir es uns anfangs vorgestellt hatten. Unser Wunsch war definitiv eine pflanzliche Ernährung, aber durch seine Essgewohnheiten und seinen niedrigen Eisenspiegel haben wir unsere Herangehensweise angepasst. Uns war und ist wichtig, dass er genug Nährstoffe bekommt und Freude am Essen entwickelt.
Wie reagieren andere Eltern oder Kita-Personal auf Ihren veganen Lebensstil mit Kind? Gibt es da auch mal Kritik oder Widerstand?
Weise: Nein, eigentlich reagieren die meisten sehr interessiert und akzeptieren unseren Lebensstil. In der Kita war es zum Beispiel überhaupt kein Problem, als wir darum gebeten haben, dass unser Sohn nur das vegetarische Menü bekommt. Kritik kommt eher aus den sozialen Medien. Manche Follower:innen fanden es nicht gut, dass wir ihn nicht streng vegan ernähren. Seitdem ich aber offen kommuniziere, dass er selbst entscheiden darf, was er probieren möchte, ist das Thema für die meisten kein Problem mehr.
Wenn es Kritik gab, habe ich mich immer noch intensiver mit dem Thema beschäftigt. Ich habe recherchiert, durch welche Lebensmittel man welche Nährstoffe bekommt, worauf man besonders achten sollte und welche Supplemente bei einer veganen Ernährung wichtig sind. Ich finde es essenziell, gut informiert zu sein - besonders, wenn es um Kinder geht. Eine vegane Ernährung kann gesund sein, aber nur, wenn man sie richtig umsetzt. Ohne ausreichendes Wissen kann es riskant werden, deshalb nehme ich das Thema sehr ernst.
Ist es wichtig, Kindern zu erklären, warum man als Familie vegan lebt? Wie machen Sie das?
Weise: Das Thema kommt jetzt erst langsam auf, da unser Sohn mit drei Jahren beginnt, solche Zusammenhänge zu verstehen. Er merkt zum Beispiel, dass einige Tiere, wie Löwen, Fleisch essen und dafür andere Tiere töten. Das ist für ihn nicht leicht zu begreifen. Er ist ein sehr sensibles Kind und reagiert stark auf solche Themen. Wenn er in einer Doku sieht, wie ein Tiger ein anderes Tier jagt, fängt er oft an zu weinen. Ich erkläre ihm dann, dass der Tiger das tun muss, um seine Babys zu versorgen, weil sie sonst verhungern würden. Es ist nicht einfach, Kindern diese Realität der Natur zu erklären, weil sie sehr dramatisch und brutal sein kann - nicht nur in der Tierwelt, sondern auch bei den Menschen.
Wir haben Bücher, die kindgerecht erklären, warum manche Menschen keine Tiere essen. Ich erzähle ihm auch, dass wir bis auf kleine Ausnahmen keine Tiere essen. Er selbst sagt oft Dinge wie: 'Die Fische wollen doch leben' oder 'Ich möchte die Hasen noch sehen, ich will nicht, dass der Fuchs sie frisst.' Man merkt, dass er sich viele Gedanken darüber macht. Gleichzeitig schmecken ihm bestimmte Dinge wie Fisch sehr gut, sodass er es manchmal vergisst und dann doch wieder isst. Ich denke, je älter er wird, desto bewusster wird er sich mit der Entscheidung auseinandersetzen. Schon jetzt merke ich, dass er beginnt, das Thema für sich zu hinterfragen.
Welche Vorteile hat es, wenn Kinder schon von Beginn an vegan leben?
Weise: Dass sie mit dieser Ernährungsweise aufwachsen und sich später leichter darin zurechtfinden. Sie wissen bereits, welche Lebensmittel es gibt, wie man mit pflanzlichen Alternativen kocht und worauf man achten muss. Wer erst später vegan wird, muss sich oft erst einarbeiten - zum Beispiel in die Zubereitung von Tofu, Linsen oder Tempeh. Außerdem ist die vegane Ernährung in den meisten Fällen super gesund für Kinder und gleichzeitig werden Tiere und Umwelt geschützt.
Allerdings kann es auch Herausforderungen geben. Kinder, deren Eltern sehr streng auf eine vegane Ernährung achten, könnten sich manchmal ausgegrenzt fühlen - zum Beispiel, wenn sie auf Geburtstagsfeiern keinen Kuchen essen dürfen, weil ein Ei darin ist. Ich selbst bin nicht vegetarisch oder vegan aufgewachsen, hatte aber Freund:innen, die von Geburt an vegan lebten, und habe damals oft gesehen, wie einschränkend das für sie war. Deshalb haben wir einen flexibleren Weg gewählt: Unser Sohn darf selbst entscheiden, was er probieren möchte, auch wenn es nicht vegan ist. Uns ist wichtig, dass er sich nicht ausgeschlossen fühlt. Gleichzeitig verstehe ich auch Familien, die es strikter handhaben - sei es aus ethischen oder ökologischen Gründen. Neben den moralischen Aspekten gibt es auch gesundheitliche Vorteile einer veganen Ernährung, wenn sie gut geplant ist. Manche Kinder müssen sich ohnehin strikt ernähren - zum Beispiel wegen Allergien. In diesen Fällen ist eine bewusste Lebensmittelauswahl genauso essenziell, egal ob aus gesundheitlichen oder ethischen Gründen.
Wie reagieren andere Kinder, wenn sie bei Ihnen zu Besuch sind und feststellen, dass es nur pflanzliches Essen gibt?
Weise: Das ist ganz unterschiedlich. Manche sind neugierig und probieren gerne Neues, während andere skeptischer sind und bestimmte Dinge vielleicht erst einmal ablehnen. Oft liegt es einfach daran, dass sie solche Lebensmittel oder Geschmäcker noch nicht gewohnt sind.
Welche Tipps würden Sie Eltern, die darüber nachdenken, ihre Familie auf eine vegane Ernährung umzustellen, mitgeben?
Weise: Eltern sollten sich gut informieren. Ein empfehlenswertes Buch ist "Vegane Kinderernährung" von Dr. Markus Keller, das viele hilfreiche Tipps und Rezepte enthält. Es ist wichtig, darauf zu achten, dass das Kind alle notwendigen Nährstoffe erhält und regelmäßig ein Blutbild zu machen. Falls es Auffälligkeiten gibt - zum Beispiel langsames Wachstum, fehlende Gewichtszunahme oder motorische Verzögerungen wie spätes Krabbeln oder Laufen - sollte man das ernst nehmen und prüfen, ob ein Nährstoffmangel vorliegt.
Außerdem kann es sinnvoll sein, eine:n Ärzt:in zu suchen, die sich mit veganer Ernährung auskennt, da viele Mediziner:innen im Studium wenig über Ernährung lernen und veganer Ernährung oft kritisch gegenüberstehen. Leider wird manchmal vorschnell angenommen, dass gesundheitliche Probleme mit der veganen Ernährung zusammenhängen, obwohl das nicht immer der Fall ist. Wichtig ist, sich nicht nur auf Schlagzeilen zu verlassen. Letztendlich sollte jede Familie individuell entscheiden, was am besten zu ihr passt.
Nicht jede Ernährungsform funktioniert für jedes Kind, und es ist völlig in Ordnung, darauf zu achten, was das eigene Kind gerne isst, solange es alle wichtigen Nährstoffe bekommt. Wir handhaben es ähnlich: Wir orientieren uns an den Vorlieben unseres Kindes und setzen sie so gesund wie möglich um, denn die Gesundheit steht an oberster Stelle.