Christoph Maria Herbst: Fehlt ihm der Einfluss eigener Kinder?
In "Der Spitzname" spielt Christoph Maria Herbst einen rechthaberischen Professor, der nie zufrieden ist – weder mit sich noch mit seinen Mitmenschen. Diese Eigenschaften haben mit dem Schauspieler selbst nichts zu tun, wie Herbst im GALA-Interview deutlich macht.
In "Der Spitzname" spielt Christoph Maria Herbst einen rechthaberischen Professor, der nie zufrieden ist – weder mit sich noch mit seinen Mitmenschen. Diese Eigenschaften haben mit dem Schauspieler selbst nichts zu tun, wie Herbst im GALA-Interview deutlich macht.
Wenn Christoph Maria Herbst, 58, seinen "Der Spitzname"-Charakter Stephan Berger in einem Wort beschreiben müsste, dann wäre es: "neunmalklug". Das sei ein "schöner, alter Begriff, der viel zu selten vorkommt", schmunzelt der Schauspieler im GALA-Interview.
Eigentlich dreht sich das Gespräch vor allem um seine Figur im Film "Der Spitzname", dem letzten Teil der erfolgreichen Trilogie des Regisseurs Sönke Wortmann, 65. Ab und zu lässt Herbst aber auch persönliche Eigenschaften durchblitzen – und die könnten sich wohl kaum deutlicher von seiner Rolle des Stephan Berger unterscheiden.
Christoph Maria Herbst spielt gern "verabscheuungswürdige" Rollen
Mit Stephan Berger reiht sich eine weitere Rolle in die Karriere von Herbst ein, die beim Publikum nur wenig Sympathiepunkte sammeln dürfte. Den Anfang machte seine Darstellung des Bernd Stromberg in der gleichnamigen Serie – eine Figur, die wohl für immer untrennbar mit ihm verbunden sein wird. Die schwierigen Charaktere "ziehen sich ja geradezu durch mein filmisches Schaffen", scherzt der 58-Jährige im Interview. Und ergänzt: "Das Schöne – oder eher: Das Anstrengende ist natürlich, dass ich diese Figur – auch, wenn sie in Teilen verabscheuungswürdig ist – trotzdem ein bisschen lieb haben muss."
Ansonsten wäre seine Darstellung eher eine Vorführung, glaubt er, und vermutlich wenig überzeugend. Es ist aber genau diese Herausforderung, die Herbst Spaß macht: "Dafür muss man, glaube ich, einen Knall haben und bescheuert genug sein, Schauspieler zu sein." Er fügt grinsend hinzu: "Und man muss auch in Kauf nehmen, dass der Darsteller mit dem Darzustellenden verwechselt wird."
Mit seiner Figur in "Der Spitzname" hat Herbst "ehrlicherweise nichts gemein"
In "Der Spitzname" wird Professor Stephan Berger von heute auf morgen in die Rente geschickt, ein sogenannter "Vorfall" war schuld an seiner Misere. Worum es geht, wird im Verlauf des Films noch deutlich. Christoph Maria Herbst kann die "Schockstarre", in der sich seine Figur als Folge des plötzlichen Karriere-Endes befindet, nachvollziehen: "[Du] kannst dich erstmal gar nicht bewegen, wenn du auf einmal aus dem Betrieb rausgekegelt wurdest. Dann bist du erstmal zu gar nichts in der Lage und musst schauen, wie du aus dieser Situation wieder rauskommst." Und weiter:
Ich bin froh, dass es in meinem Leben nicht so ist. Aber jemanden zu spielen, dem das widerfahren ist, ist natürlich eine große Freude.
Weder in den drei Filmen noch im GALA-Interview kommt die Figur Stephan Berger gut davon. "Er ist rechthaberisch, besserwisserisch, er ist Bildungsbürger, er neigt dazu, andere auch gern vor anderen Leuten zu maßregeln", zählt Herbst auf und schiebt lachend hinterher: "Ich habe mit dem ehrlicherweise nichts gemein. […] Sowas gibt’s in meinem eigenen Leben nicht. Das hat mit mir nichts zu tun."
Wenn er seinen Aspekt von Stephan Berger gelernt hat, dann ist es, "dass ich in meinem eigenen Leben nicht alles falsch gemacht habe. Immerhin. Und ich spiele überwiegend dann doch Figuren, die eher so ein bisschen schief ins Leben gebaut sind. Auch das hat mit mir – noch – nichts zu tun."
"Ich spüre das Innere Kind in mir immer noch"
"Man sagt ja, mit einem gewissen Alter kommt so ein gewisser Starrsinn dazu", erklärt Christoph Maria Herbst weiter, wohl auch in Anlehnung an seine Filmrolle. "In dem Alter scheine ich noch nicht zu sein, da werde ich mich dann überprüfen", kündigt er an, "und dem würde ich dann immer noch früh genug Einhalt gebieten".
Der Schauspieler und seine Ehefrau Gisi Herbst habe keine gemeinsamen Kinder. Und obwohl Herbst zugibt, dass es oft die Sprösslinge sind, die ihre Eltern auf Trab halten, scheint er sie in seinem Leben nicht zu vermissen. Die Rolle der Person, die ihn jung hält, kann Herbst ganz wunderbar selbst übernehmen: "Ich spüre das Innere Kind in mir immer noch", gibt er zu, "das ist genau der Anteil, der mich immer noch und immer weiter spielen lässt, weil ich einfach ein Spielkind bin."
Er ergänzt: "[Mein Inneres Kind] lasse ich regelmäßig und sehr, sehr gerne von der Leine und lass' das dann auch übernehmen." Der 58-Jährige ist überzeugt, dass es genau diese Charaktereigenschaft ist, die "mich auf jeden Fall wachhält und für eine Präsenz sorgt. Ich brauche dafür niemanden von außen."