„Wir bewundern ihn alle“: „Paddington in Peru“-Regisseur über den besonderen Zauber des Bären

Ab sofort seht ihr "Paddington in Peru" in den hiesigen Kinos. Wir trafen Regisseur Dougal Wilson zum Interview und erhielten exklusive Einblicke in die Produktion.

Feb 2, 2025 - 01:46
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„Wir bewundern ihn alle“: „Paddington in Peru“-Regisseur über den besonderen Zauber des Bären

Ab sofort seht ihr „Paddington in Peru“ in den hiesigen Kinos. Wir trafen Regisseur Dougal Wilson zum Interview und erhielten exklusive Einblicke in die Produktion.

Bald 70 Jahre liegt die Veröffentlichung nun schon zurück: Wer hätte 1958 gedacht, dass ein liebenswerter Bär in London die Herzen des Kinopublikums in den 2010ern und 2020ern im Sturm erobert? 1958 erschien das erste Buch von Michael Bond im Handel, mauserte sich 2014 der erste Kinofilm „Paddington“ in den Kinos zum Publikumserfolg, weitere drei Jahre später erschien die nahezu perfekte Fortsetzung „Paddington 2“, die sich zum besten Film auf Erden mauserte.

Mit „Paddington in Peru“ startet am 30. Januar 2025 der langersehnte dritte Teil, in der es den beliebten Bären aus seiner neuen Heimat in London in seine alte Heimat nach Peru verschlägt. Dort würde sich seine geliebte Tante Lucy merkwürdig benehmen. Auf seiner großen Reise wird Paddington dabei von Familie Brown als auch dem ein oder anderen Orangen-Marmeladensandwich begleitet. Im Trailer könnt ihr euch einen ersten Eindruck verschaffen:

Wir hatten die einmalige Gelegenheit in der Post-Produktionsphase ein Gespräch mit Regisseur Dougal Wilson und Produzentin Rosie Alison in den Räumlichkeiten des VFX-Studios Framestore in London zu führen. Wilson beerbt Regisseur Paul King, der bei den ersten beiden Filmen Regie führte, sich danach jedoch dem „Charlie und die Schokoladenfabrik“-Prequel-Film „Wonka“ widmete. Für das Produktionsteam rund um Rosie Alison stellte sich die Frage nach einem adäquaten Ersatz geradezu gar nicht.

Rosie Alison: „Unser erster Gedanke war Dougal Wilson.“

Er habe eine „fantasievolle, handwerkliche Qualität, die wir lieben“ und obwohl Dougal Wilson nach über 20 Jahren im Showbusiness noch keinen Spielfilm realisiert hat, konnte er sich dank Werbeaufträgen und Musikvideos – etwa für Coldplay - empfehlen. Dabei half nicht nur, dass er neben der Regiearbeit auch Verständnis von Storyboards und dem Schnitt hat, Dougal verstand die Essenz der Hauptfigur:

Rosie Alison: „Dougal hat einen sehr starken inneren Paddington“.

„Die Erwartungen sind sehr hoch – und das macht mir Angst“: „Paddington in Peru“-Regisseur über seine größte Herausforderung

Auf die Frage, wie der Regisseur mit diesem einmaligen Angebot umging, stellte er sich keine Illusionen:

Dougal Wilson: „Das ist eine ziemlich knifflige Angelegenheit. Ich habe mir keine Illusionen darüber gemacht, dass es leicht sein würde. Aber gleichzeitig war mir klar, dass ich diese Gelegenheit wahrscheinlich nicht ausschlagen konnte.“

Wie beliebt insbesondere „Paddington 2“ ist, beweist ein Blick auf Rotten Tomatoes. Dort erhielt der zweite Teil von der Fachpresse ein nahezu perfektes Stimmungsbild mit 99 % Zustimmung. Die Frage, wie er mit dem Druck umging, stellte sich für ihn nicht. Er gibt von sich aus zu:

Dougal Wilson: „Die Erwartungen sind sehr hoch, und das macht mir Angst.

„Ich habe den Film in seine Einzelteile zerlegt“: Mit diesem Mantra stellte sich Dougal Wilson seiner Aufgabe

Doch wie stellt man sich dieser Aufgabe, wenn die längsten Aufträge bislang vielleicht etwa fünf Minuten umfasst haben, und nun gleich 100 Minuten Filmmaterial zu einem kohärenten Ganzen zusammengetragen werden müssen? Für Wilson stand ein Mantra an der Tagesordnung: Den Prozess zu entmystifizieren.

Dougal Wilson: „Ich habe den Film in seine Einzelteile zerlegt und versucht, die gleiche Liebe zum Detail einzubringen, die Paul King bei den ersten beiden Filmen an den Tag gelegt hatte. […] Ich nehme das Drehbuch und erstelle dann ein grobes Storyboard. Ich neige dazu, die Sache sehr ganzheitlich zu betrachten. Ich denke, dass der Stil und das Gefühl von Paddington mit der Handlung, den Charakteren und dem Ton visuell zusammenhängen. Es hat einen sehr märchenhaften Charakter. Wenn ich also eine Szene plane, versuche ich sie zu zeichnen, aber ich versuche auch, sie anhand von Referenzen zu visualisieren.“

Dabei gewährte der Regisseur auch Einblicke in Aufnahmen, die sonst nicht für die Außenwelt bestimmt sind. In groben Demos sieht man Produktionsassistenten, die in diesen ersten Aufnahmen für die Schauspieler einstehen, um die Schritte der Choreografie, die Kameraposition und die Lichtverhältnisse bereits vor dem ersten Drehtag zu wissen.

Dougal Wilson: „Wenn es sich um etwas mit viel Bewegung oder Musik oder um eine Actionsequenz handelt, versuche ich, sie buchstäblich zu filmen, bevor wir sie drehen.“

In einem „Demo“ übernimmt etwa Jenn White, die Choreografin, die auch für den Erfolg von „Barbie“ mitverantwortlich war, die Choreografie, die im fertigen Film von Olivia Colman übernommen wird.

Dougal Wilson: „So haben wir es geplant, und ich zeige es der ganzen Crew, und alle sagen: Ja, das ist furchtbar, aber wenn wir es machen, wird es natürlich besser sein.

Von der Mutter Oberin zur Pilotin – Olivia Colman zeigt in „Paddington in Peru“ völlig neue Seiten

Wie lebendig die eigentliche Szene erst durch das Ensemble wird, beweist das Engagement von Oscarpreisträgerin Olivia Colman. Sie spielt die Mutter Oberin im Seniorenheim für Bären in Peru. Sie ist zwar der Auslöser für Paddingtons großes Abenteuer in Peru, musste jedoch am Set weitaus mehr beweisen:

Dougal Wilson: „Wir haben Olivia Colman das Drehbuch geschickt, sie konnte es kaum erwarten, die Mutter Oberin zu spielen und lernte bereits Gitarre. […] Sie musste alles Mögliche machen: Sie musste matriarchalisch sein. Sie musste ein Flugzeug fliegen. Sie musste ein Lied singen, Dinge tun, die unerwartet sind - ich will nichts verraten, aber sie hat auch eine unerwartete Seite.“

Doch Olivia Colman ist nicht der einzige prominente Neuzugang in „Paddington in Peru“. Der neue Antagonist wird von Antonio Banderas dargestellt, der ähnlich wie Nicole Kidman und Hugh Grant in den beiden Vorgängerfilmen eine Besonderheit in seiner Rolle zum Besten tragen darf:

Dougal Wilson: „Antonio Banderas spielt eine sehr, sehr lustige Figur. Er spielt nicht nur sich selbst. Wir haben uns von der alten Ealing-Komödie „Adel verpflichtet“ inspirieren lassen, in der Sir Alec Guinness mehrere Mitglieder der gleichen Familie spielt. Genau das macht Antonio in diesem Film, er spielt sich selbst, aber auch seine Vorfahren aus verschiedenen Generationen und verschiedenen Nationalitäten, und das hat ihm gefallen. Er musste sich als Priester verkleiden, als amerikanischer Grenzgänger und Entdecker aus dem Wilden Westen. Er musste sich als Edwardianischer Kolonialforscher verkleiden, er musste sich als schwedische Fliegerin verkleiden. Er hat sich wirklich für diese abenteuerliche Figur erwärmt, die ein Schiffskapitän ist, aber eine verborgene Vergangenheit hat, die ihn leider auf einen dunklen Pfad führt, von dem Paddington ihn abbringen muss.“

Rosie Alison: „Er war ein absoluter Spaßvogel, so herzlich zu allen und so engagiert bei der Sache, und er glaubte wirklich an den Wert von Paddington. Er wollte einfach unbedingt bei dem Film mitmachen.“

Unschuldig, freundlich, höflich: Paddington verzaubert nicht nur durch seine Figur, sondern auch dank seiner Schöpfer

Doch kein „Paddington“-Film wäre ohne seinen Star perfekt – den Bären Paddington natürlich. Zur Erschaffung und dem Zauber des Bären gehören viele Faktoren. Allein die Faszination mit der Figur des Paddington liest sich wie eine Liebeserklärung:

Dougal Wilson: „Paddingtons Persönlichkeit ist etwas, das wir alle bewundern. Wir können seine Schwächen nachempfinden, die einfach sehr unschuldig sind. Wir alle hatten schon Momente, in denen die Dinge nicht ganz nach Plan liefen und wir das Beste daraus machen mussten oder die Dinge etwas schief liefen. Aber das Wichtigste, was wir alle an ihm bewundern, ist seine Weltanschauung und die alte Maxime, dass, wenn wir freundlich und höflich sind, die Welt in Ordnung sein wird, und ich denke, das ist eine schöne Idee.

Ich meine, in der modernen Welt trifft das nicht immer zu, aber wäre es nicht schön, wenn es so wäre? Paddington sieht immer das Beste in den Menschen. Ich glaube, wir alle wären gern dieser Mensch oder würden ihn gern treffen, aber manchmal kommt uns das Leben in die Quere, und Paddington kann uns zeigen, uns daran erinnern, dass das eine sehr, sehr schöne Art ist, das Leben anzugehen. Ich denke, das ist der Kern der Seele von Paddington.“

In der deutschen Synchronfassung hören wir ein drittes Mal Elyas M’Barek, der bereits mit Kinofilmen wie „Fack Ju Göhte“ große Kinoerfolge hierzulande feierte. Beispielsweise hören die ukrainischen Familien in ihrer Sprachfassung den heutigen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Obwohl der Regisseur und das Produktionsteam nicht direkt mit den Synchronisationen auf der ganzen Welt involviert sind, gibt es einen Schauspieler, der das Produktionsteam maßgeblich begleitet und Paddington nicht nur seine englische Stimme leiht, sondern auch maßgeblich Mimik für den Bären beisteuert: Ben Whishaw.

Dougal Wilson: „Er ist der Schauspieler, mit dem ich die meiste Zeit verbringe, denn wir machen viele Stimmsitzungen. Wir machen eine erste Lesung mit Ben, bei der wir den ganzen Film bekommen, und wir benutzen das, um damit zu schneiden, wenn wir die Basis haben. Manchmal haben wir gar nichts, wir haben einen Stock, der im Bild herumgeht. Aber wenn wir Bens Stimme dazu nehmen, werden die Dinge sofort klarer und man kann Paddington im Raum spüren, weil Ben genau so sprechen kann, wie Paddington es sagen würde.“

„Kein Motion Capture, sondern Referenz“: Wie Ben Whishaw in der Produktion hilft den Bären erst lebendig zu machen

Wie integral der Dialog für die Vorarbeit der VFX-Künstler*innen ist, wird erst hier wirklich deutlich:

Dougal Wilson: „Man muss wirklich sicherstellen, dass man das Richtige für die Animation auswählt, denn man muss diese Zeile auswählen, damit die VFX-Abteilung sie animieren kann. Das ist das Erste, was sie wirklich von dir wollen. Der richtige Dialog. Wenn wir den Dialog (mit Ben Whishaw) aufnehmen, setzen wir auch eine Kamera auf einen Hut auf seinen Kopf. Das ist kein Motion Capture, sondern eine Referenz für die Animatoren. Wir haben seinen ganzen Körper gefilmt und wie er reagiert, wenn er seinen Text sagt. Das ist eine wirklich gute Referenz. Er ist ein wichtiger Teil der Figur. Er bringt uns oft auf Ideen, auf die wir nicht gekommen wären, wenn wir ihn nicht in natura gesehen hätten.“

Nicht nur Ben Whishaw, sondern auch das VFX-Team, dass von Pablo Grillo angeleitet wurde, ist integral dafür, dass Paddington auf der Leinwand lebendig ist.

Dougal Wilson: „Ben Whishaw und Pablo Grillo sind die Seele von Paddington. Pablo macht die eigentliche Animation und er bringt so viel ein. Er hat auch eine sehr paddingtonsche Persönlichkeit.“

Wie viel Zeit vergehen musste, macht ein Blick auf den Zeitplan der Produktion deutlich. Bereits 2018 wurde eine erste Skriptfassung von „Paddington in Peru“ vorbereitet. Das Drehbuch wurde weiter ausgearbeitet, ehe 2022 die Dreharbeiten beginnen konnten. Während eine Guerrilla-Crew in Kolumbien und Peru Aufnahmen der Landschaft machte, fanden die eigentlichen Dreharbeiten hauptsächlich in Großbritannien statt. Danach erst folgte die große Arbeit für die Crew vom Framestore. Etwa 120 Menschen, die tagtäglich am Projekt vor dem Computer gearbeitet haben, animierten Pre-Vis und schließlich den fertigen Film. Das fertige Produkt ist nun endlich auch hierzulande gestartet. „Paddington in Peru“ seht ihr ab sofort in den hiesigen Kinos und erhielt die FSK-Freigabe ohne Altersbeschränkung.