Christian Friedel: "Ich möchte ungern Kontrolle abgeben"
Kein Wunder, dass internationale Star-Regisseure wie Jonathan Glazer oder Mike White auf ihn setzen: Christian Friedel gilt als eines der größten Schauspieltalente überhaupt. In einem Interview mit GALA spricht der Schauspieler über wahre Freunde, Alkohol-Abstinenz und seine Vorliebe zu Ohrringen.
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Kein Wunder, dass internationale Star-Regisseure wie Jonathan Glazer oder Mike White auf ihn setzen: Christian Friedel gilt als eines der größten Schauspieltalente überhaupt. In einem Interview mit GALA spricht der Schauspieler über wahre Freunde, Alkohol-Abstinenz und seine Vorliebe zu Ohrringen.
Mal mimt er den gutherzigen Lehrer (so in Michael Hanekes "Goldene Palme"-Film "Das weiße Band"), mal einen sadistischen KZ-Kommandanten (wie im oscarprämierten Drama "The Zone of Interest"). Und das Schöne ist: Bei all dem Hype um seine Person ist er herrlich normal und nahbar geblieben. Christian Friedels, 45, jüngster Coup: Als erster deutscher Schauspieler spielt er in der Kultserie "The White Lotus" – neben Hollywoodstars wie Michelle Monaghan, 48, und Patrick Schwarzenegger, 31.
Christian Friedel im GALA-Interview
GALA: Herzlichen Glückwunsch! Waren Sie vorher bereits Fan der Serie?
Christian Friedel: Ich kannte sie ehrlich gesagt gar nicht. Als die Casting-Anfrage kam, habe ich natürlich gleich reingeguckt und war sofort süchtig. Ich war extrem begeistert von der Mischung aus Klugheit, Humor, Spannung und diesem tollen Ensemble. Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich dabei sein durfte.
Was reizt Sie an der Rolle?
Fabian ist nach Thailand gegangen, um seine innere Mitte zu finden. Aber man merkt schnell, dass er gar keine hat und etwas mit ihm nicht stimmt. Das hat mich gereizt.
Während des Drehs sind Sie zu den Oscars geflogen, "Zone of Interest" war mehrfach nominiert. Wie haben Ihre Co-Stars am Set reagiert?
Wir hatten sofort mit dem ganzen Ensemble eine WhatsApp-Gruppe und das Schöne war, dass alle mit mir mitgefiebert haben. Als wir gewonnen haben, gab es Nachrichten ohne Ende. Und als ich zurückkam, wurde ich auch richtig gefeiert.
Zwei Herzen schlagen in Ihrer Brust. Sie sind nicht nur Schauspieler, sondern auch Musiker.
Ich bin froh, dass ich mich nicht entscheiden muss. Musik umgibt mich täglich und ist für mich das Allerwichtigste. Wenn sich das mit der Schauspielerei verbinden lässt wie bei "White Lotus" oder "Babylon Berlin", ist das ein totales Geschenk.
Höhen und Tiefen in der Schauspielerei
Sie sagen: "Wenn man den Beruf des Schauspielers wählt, hat man immer mit Höhen und Tiefen zu tun." Was waren Ihre?
Es ist wichtig zu wissen, dass jede Arbeit auch immer ein Risiko birgt. Es kann sein, dass meine Rolle nicht aufgeht oder gesehen wird. Das ist hart, aber wichtig. Man muss es aushalten. Für mich gehört das Scheitern dazu. Es ist sogar manchmal noch wichtiger, als wenn du auf einer Erfolgswelle schwimmst und alle dir sagen, wie toll du bist. Wenn man selbst glaubt, man ist großartig, dann sollte man es lieber lassen.
Kann das zu Einsamkeit führen?
Auf jeden Fall. Ich habe schon Menschen getroffen, bei denen eine Erfolgswelle zu einer privaten Einsamkeit geführt hat. Dass man plötzlich das Gefühl hat, nicht mehr auseinander halten zu können, wer deine wahren Freunde sind. Ich bin froh, dass ich mit meiner Band einen ganz anderen Kosmos habe. Einen Abend stehst du im Rampenlicht auf der Bühne, am nächsten Tag schlurfst du durch die Kaufhalle in Dresden. Da braucht man eine gute Bodenhaftung.
Deshalb verzichtet er auf Alkohol
Ist das der Grund, warum Sie nie Alkohol trinken?
Es gibt viele Gründe, warum ich keinen Alkohol trinke und keine Drogen nehme. Ich möchte ungern Kontrolle abgeben. Neulich hatte ich eine Untersuchung, wo ich das erste Mal Propofol bekommen habe, und die Schwester meinte: "Sie haben aber einen hohen Puls." Nach der Untersuchung war ich glücklich und stolz. Aber Drogen? Nein, ich möchte ungern, dass die Menschen mich in einer Art und Weise erleben, wofür ich mich im Nachhinein schäme. Klar habe ich auch schon mit Sekt angestoßen oder Eierlikör getrunken, aber ich bin eher ein Süßer und liebe Eis und Schokolade. Leider eine Droge, die schnell müde macht …
Wer erdet Sie?
Meine Freunde und meine Familie, das ist das Allerwichtigste. Ich möchte, dass Normalität herrscht und bitte sie, mir ehrlich zu sagen, wenn ich mich verändere.
Ist das auch ein Grund, warum Sie nach wie vor Dresden leben?
Die Menschen rund um meine Band sind Teil meiner Familie geworden. Das ist der Grund, warum ich in dieser Stadt bleibe. Auch weil mir Dresden die Möglichkeit gibt, Energie zu tanken und sehr nah an der Natur zu sein, an meinem Lieblingsfluss Elbe.
Oscars 2024: Die schönsten Looks vom roten Teppich
Sie tragen immer einen kleinen Brillanten-Ohrring, ein Glücksbringer?
Ich wollte schon als Kind einen Ohrring haben und habe mir einen Metalldraht ans Ohr geklemmt. So bin ich durch die Kaufhalle gerannt und fühlte mich unglaublich cool. Im Rahmen der Oscars hatte ich Lust, das zu reaktivieren, vielleicht ist es aber auch schon die Midlife-Crisis. (lacht) Ich finde, Männer sollten mehr Farben und Schmuck tragen, damit sie nicht aussehen wie austauschbare Pinguine, die auf dem Red Carpet die wunderschönen Frauen begleiten.