„Das Kostbarste aller Güter“: Wie selbst ein Kriegsfilm Platz für ein Märchen lassen kann

Am 6. März 2025 startet der animierte Kriegsfilm „Das Kostbarste aller Güter“ in den Kinos, der eine Fabel über ein Mädchen im Zweiten Weltkrieg in den Fokus rückt. Ein Film gegen das Vergessen, der trotz der Schwere seines Themas das Publikum mit Hoffnung aus dem Kinosaal entlässt.

Feb 28, 2025 - 16:33
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„Das Kostbarste aller Güter“: Wie selbst ein Kriegsfilm Platz für ein Märchen lassen kann

Am 6. März 2025 startet der animierte Kriegsfilm „Das Kostbarste aller Güter“ in den Kinos, der eine Fabel über ein Mädchen im Zweiten Weltkrieg in den Fokus rückt. Ein Film gegen das Vergessen, der trotz der Schwere seines Themas das Publikum mit Hoffnung aus dem Kinosaal entlässt.

Es gab gleich zwei Gründe, warum mich die Ankündigung von „Das Kostbarste aller Güter“ interessierte. Zum einen finde ich Animationsfilme, die sich dem Thema Krieg annehmen, sehr faszinierend. Die wohl bekanntesten Vertreter „Die letzten Glühwürmchen“ und „Waltz with Bashir“ gelten für mich als Meisterwerke ihres Fachs. Aufgrund ihrer Schwere würde ich mir diese Filme vermutlich jedoch nicht ein zweites Mal ansehen wollen. Zum anderen bin ich daran interessiert, wie Regisseur Michel Hazanavicius, der für „The Artist“ vor über zehn Jahren einen Oscar gewann und sonst meist eher Klamauk-Filme wie die „OSS 117“-Reihe auf den Weg gebracht hat, sich dieses ernsten Themas annimmt.

„Das Kostbarste aller Güter“ basiert zunächst auf einer Graphic Novel von Jean-Claude Grumberg. Der Franzose veröffentlichte die Graphic Novel im Jahr 2019 und verarbeitete darin den Tod seines Vaters in einem Konzentrationslager auf seine Weise. Auch die Eltern von Hazanavicious überlebten als Kinder den Holocaust, indem sie untertauchten. Den Regisseur und den Zeichner eint eine lange Freundschaft, Jean-Claude ist der beste Freund von Hazanavicious‘ Eltern.

Darum geht es: Ein Kinderlachen in Zeiten des Krieges

Die Geschichte dreht sich um eines von zwei neugeborenen Zwillingen (ein Junge und ein Mädchen). Während der Zug voller Menschen auf dem Weg ins Vernichtungslager Auschwitz fährt, beschließt ein Vater im Affekt eines seiner neugeborenen Kinder, das Mädchen, aus dem Zug in den Schnee zu werfen, um dem Kind eine bessere Chance auf ein Leben zu bieten.

Wie durch ein Wunder wird es von einer Holzfällerfrau, die selbst Kinder verloren hat, gefunden. Immer wenn die Züge an ihrem Wald vorbeifahren, hofft sie auf ein herabfallendes Gut. Das Mädchen ist für sie das titelgebende „Kostbarste aller Güter“. Ihr Ehemann sieht die Sachlage anders, bezeichnet das Kind als eine der „Herzlosen“ und duldet es nur, wenn es im Stall schläft. Schnell ist klar, dass das Mädchen mit seiner bloßen Anwesenheit das Leben all jener verändert, die sie treffen. Während einige alles daransetzen, sie zu schützen, wollen andere ihren Tod. Menschlichkeit trifft auf Arroganz. Das Beste trifft auf das Schlimmste im Menschen. Und nicht alle kommen mit ihrem Leben davon.

Wenn Menschlichkeit in einer unwirklichen Welt überwiegt

Voller Sensibilität gelingt es „Das Kostbarste aller Güter“ die Geschichte auch für jüngere Zuschauer*innen greifbar zu machen, ohne dabei die harten Bilder der Shoah schonungslos als Animationsfilm umzusetzen. Der Film ist ab 12 Jahren freigegeben und eignet sich daher auch für Schulvorführungen. Die Figuren kämpfen zunächst einmal für ihr eigenes Überleben, doch im Angesicht mit dem Kind ändert sich ihre Wahrnehmung. Spätestens, wenn das Kind anfängt zu lachen, stehen Menschlichkeit und Hoffnung an erster Stelle all jener, die die Wege des Kindes kreuzen. Zugleich ist die Welt vom Krieg gezeichnet, in der es auf den ersten Blick keine Gewinner geben kann und jede Person jederzeit sterben kann.

Der Animationsstil lässt sich nur schwer mit anderen Titeln vergleichen, offenbart Hazanavicious hier sein künstlerisches Talent und zeichnete die Bilder selbst nach. Als Inspirationsquelle gab er Henri Rivière an, während sich sein weiteres Team an Maler Iwan Bilibin orientiert. Als Animationsstudio steht 3.0 Studio Pate, die sich in ihrer Filmografie nie auf einen Stil festlegen wollten. Es entsteht ein zeitloser Stil, der zugleich märchenhaft, aber auch schreckenvoll erscheint, ohne die Realität dabei zu entkräftigen, auf der es basiert ist.

Trotz schwachem Ende punktet „Das Kostbarste aller Güter“ im Vergleich mit „Waltz with Bashir“ und „Die letzten Glühwürmchen“

Doch wie verhält sich „Das Kostbarste aller Güter“ im Vergleich mit den Meisterwerken rund um „Die letzten Glühwürmchen“ oder „Waltz with Bashir“? Für mich reiht sich „Das Kostbarste aller Güter“ zwar nur an die dritte Stelle dieser auserkorenen Filme ein, da die Wucht des Kriegs in „Glühwürmchen“ und „Bashir“ einen für Jahre in seinen Bann zieht. Das Schlussbild von „Das Kostbarste aller Güter“ hinkt leider etwas im Vergleich zu diesen Werken. Dennoch bietet der Film etwas, dass den anderen beiden Titeln verwehrt bleibt. Der Glaube an das Gute im Menschen und die Hoffnung auf ein besseres Leben wird in „Das Kostbarste aller Güter“ am besten an das Publikum übertragen. Es bleibt daher der hoffnungsvollste dieser drei außergewöhnlichen Filme.

In unserer ungewissen Zeit ist es ausgerechnet ein Animationsfilm, der mir Gewissheit gibt, dass auch nachfolgende Generationen durch fiktive Werke die realen Schrecken der damaligen Zeit ungeschönt aufgezeigt bekommen. Zudem kann ein Kinderlachen hier einfach nur magisch erscheinen. „Das Kostbarste aller Güter“ startet am 6. März 2025 in den deutschen Kinos.