Albtraum im Paradies: Einer der wildesten ungeklärten True-Crime-Fälle überhaupt kommt jetzt im Kino

Es ist wohl einer der wildesten ungeklärten True-Crime-Fälle überhaupt. Jetzt wird die Galapagos-Affäre hollywoodreif verfilmt – mit Erfolg?

Mär 21, 2025 - 14:46
 0  0
Albtraum im Paradies: Einer der wildesten ungeklärten True-Crime-Fälle überhaupt kommt jetzt im Kino

Es ist wohl einer der wildesten ungeklärten True-Crime-Fälle überhaupt. Jetzt wird die Galapagos-Affäre hollywoodreif verfilmt – mit Erfolg?

Ein Neuanfang fernab des Alltags – der Traum vieler Aussteigerinnen. In „Eden“ entpuppt sich dieser jedoch als tödliche Falle. Die sogenannte Galapagos-Affäre zählt bis heute zu den mysteriösesten Kriminalfällen der Geschichte.

Den menschlichen Abgründen, die sich zwischen den ersten Siedler*innen der Galapagos-Insel Floreana auftaten, widmet sich der oscarprämierte Hollywood-Regisseur Ron Howard („A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“) in seinem packenden Thriller „Eden“, der am 3. April 2025 in den deutschen Kinos startet.

Howard bleibt in seiner Inszenierung der historischen Vorlage treu, gibt der Geschichte aber einen psychologisch-dichten, fast klaustrophobischen Thriller-Ton, der den Zuschauer mit jeder Szene tiefer in das Drama hineinzieht. Inwiefern ihm das gelingt, lest ihr hier in unserer spoilerfreien Kritik.

Als Kennerin der unglaublichen, realen Geschichte hinter „Eden“ wundert es mich fast, dass Hollywood sich dieser jetzt erst annimmt, denn die Ereignisse lesen sich bereits wie das Drehbuch eines spannungsgeladenen Thrillers. In den 1930er-Jahren machen sich mehrere deutsche Auswander*innen auf den Weg zum abgelegenen Galapagos-Archipel. Doch was als utopisches Experiment beginnt, entwickelt sich bald zu einem düsteren Psychodrama. Konkurrenz, Eifersucht und Machtkämpfe entflammen zwischen den neuen Bewohnerinnen der kargen Insel Floreana – bis einige von ihnen spurlos verschwinden.

Der offizielle Trailer bietet einen ersten Einblick in den starbesetzten Thriller:

Acht Exzentriker auf einer einsamen Insel

Für „Eden“ konnte Oscarpreisträger Ron Howard einen hochkarätigen Cast gewinnen – wenig überraschend angesichts der faszinierenden, exzentrischen Charaktere, die die Vorlage bietet. Allen voran sind hier Jude Law und Vanessa Kirby („The Crown“) als der Berliner Arzt Friedrich Ritter und seine Geliebte Dore Strauch zu sehen. Mit ihnen beginnt 1929 alles, als sie beschließen, sich auf der unbewohnten Galapagos-Insel Floreana niederzulassen.

Law, bekannt aus Filmen wie „Der talentierte Mr. Ripley“, spielt den ausgewanderten Arzt mit vollem Körpereinsatz. Friedrich Ritter, der sich zu Beginn seiner Reise alle Zähne zog und zum Essen ein Stahlgebiss nutzte, lehnt die westliche Zivilisation ab und will auf Floreana eine neue, radikale Lebensphilosophie entwerfen. Auf diesem dünnen Grat zwischen völliger Hingabe und blankem Wahnsinn balanciert Jude Law als zahnloser Dr. Ritter gekonnt.

Als die deutschen Zeitungen Ritters Berichte aus Floreana abdrucken, lockt dies Nachahmer*innen auf die Insel. Inspiriert von den wagemutigen Überlieferungen Ritters kommt 1932 das deutsche Paar Heinz (Daniel Brühl) und Margret Wittmer (Sydney Sweeney) mit Heinz‘ Sohn aus erster Ehe, Harry (Jonathan Tittel), nach Floreana.

Wenige Monate später folgt die charismatische, aber rätselhafte Baronin Eloise Wehrborn de Wagner-Bosquet (Ana de Armas), die als selbsternannte Herrscherin von Floreana ein Luxusresort auf der Insel errichten will und für hitzige Konflikte sorgt. Im Schlepptau hat die Baronin ihre zwei jüngeren deutschen Geliebten, Rudolf Lorenz (Felix Kammerer) und Robert „Bubi“ Philippson (Toby Wallace), die unentwegt um ihre Gunst buhlen.

Der deutsche Schauspieler Daniel Brühl („Rush – Alles für den Sieg“) verkörpert mit Heinz Wittmer einen Kriegsveteranen, der, noch traumatisiert vom Schrecken des 1. Weltkriegs, dem zunehmend nationalsozialistischen Deutschland den Rücken kehren will. Als große Überraschung sticht für mich aber vor allem Sydney Sweeney („Euphoria“) hervor, die als deutlich jüngere 2. Ehefrau Wittmers, Margret, schwanger auf der Galapagos-Insel ankommt.

Sie bringt den ersten gebürtigen Einwohner Floreanas in einer traumatischen Geburtsszene zur Welt, die mir den Atem stocken ließ und Tränen in die Augen trieb. Margret Wittmer ist eine Figur, die zunächst wenig selbstbestimmt zu handeln scheint. Anders als die übrigen Siedler*innen treibt sie keine eigene Überzeugung nach Floreana, sie folgt lediglich ihrem Ehemann und fügt sich ihren patriarchalen Pflichten, wofür sie die selbstbewusste Dore Strauch und die Baronin belächeln. Nichtsdestotrotz ist sie, inmitten der rauen zwischenmenschlichen und witterungsbedingten Umstände, die Figur, die mit am meisten über sich hinauswächst. Sydney Sweeney schafft es, mit wenigen Worten die inneren Zweifel genauso wie die wachsende Stärke der Margret Wittmer darzubieten.

Ana de Armas („Blond“) verkörpert die selbsternannte Baronin Eloise währenddessen mit einer köstlichen Dekadenz. Die Oscar-nominierte Schauspielerin erweckt eine sagenumwobene Figur zum Leben, die man als Zuschauer*in unweigerlich für ihre Raffinesse bewundert und zugleich fürchtet. Mit einem aufgesetzten transatlantischen Dialekt gibt sich die Baronin elegant und kultiviert, unter der Oberfläche blitzt jedoch bisweilen eine fanatische, egomanische Natur hervor. Gekonnt spannt sie ein Netz aus Intrigen und sät Zwietracht zwischen den Kolonist*innen, die in den tödlichen Strudel aus Manipulation und Wahnsinn hineingezogen werden.

Der Teufel kehrt im Paradies ein

Mit dem Filmtitel „Eden“ greift Regisseur Ron Howard eine biblische Metaphorik auf, die in der Berichterstattung um die Galapagos-Affäre häufig vorkommt. Selbst Friedrich Ritter und Dore Strauch bedienten sich in schriftlichen Überlieferungen der Formulierung, dass der Teufel mit den Neuankömmlingen ins Paradies eingekehrt sei.

Ich bin froh, dass Howard diese Metaphorik auch über den Titel hinaus durchscheinen lässt. Gekonnt erzählt er mit „Eden“ eine Geschichte, die teilweise wie eine moralische Fabel wirkt. Eine Gruppe an Aussteiger*innen verschmäht die moderne Zivilisation und sucht nach dem Paradies auf Erden, nur um schließlich doch wieder an ihrer eigenen Destruktivität und Gewaltbereitschaft im menschlichen Miteinander zugrunde zu gehen. So muss selbst Friedrich Ritter einsehen, dass man zwar den Menschen aus der modernen Gesellschaft herauslösen kann, die Grausamkeiten der modernen Gesellschaft jedoch nicht aus dem Menschen.

Indem Howard diese tiefere Ebene in seinen Thriller einbringt und der Cast voll auf Authentizität setzt, hebt er den Film in meinen Augen über ein sensationalistisches True-Crime-Niveau und verleiht dem Film die nötige Tiefe. Aus diesem Grund hat mich jedoch umso mehr enttäuscht, dass „Eden“ rein optisch trotzdem auf altbewährte stilistische Hollywood-Mittel setzt.

Die Farbkorrektur verleiht der Insel Floreana eine durchweg düstere, bedrohliche Atmosphäre, Hans Zimmers epische Musikkompositionen unterstützen das Ambiente. Meiner Meinung nach hätte es diese offensichtliche Aufmachung gar nicht immer gebraucht. In den Überlieferungen der Überlebenden wird neben der rohen Naturgewalt auch häufig die paradiesische Schönheit der Insel betont. Filme wie „Midsommar“ zeigen, dass sommerlich-helle Farben einer bedrohlichen Atmosphäre manchmal sogar einen spannenden Kontrast verleihen, denn die menschlichen Abgründe, die sich auf der Insel entfalten, sind auch so düster genug.

Diese kleinen stilistischen Schwächen und auch die eher kläglichen Versuche der englischsprachigen Schauspieler*innen einen deutschen Akzent zu mimen, tun dem Film dennoch keinen großen Abbruch. Ron Howard gelingt es, eine atmosphärisch dichte und beklemmende Erzählung zu inszenieren, die den Zuschauer mitten ins Herz des spannenden historischen True-Crime-Falls zieht. Dabei hält er sich an die wichtigsten historischen Ereignisse und fügt auch die ungeklärten Aspekte der Geschichte zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammen. Wer wissen will, wie „Eden“ die sagenumwobene Galapagos-Affäre inszeniert, sollte diesen sehenswerten True-Crime-Thriller auf keinen Fall im Kino verpassen.